WARUM SPIELST DU SO LEISE?

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Ich bin Stiefmutter. Mein Freund hat eine Tochter, die wurde geboren, da waren wir schon ein halbes Jahr zusammen.

Aber das ist ne andere Geschichte. Hier geht’s darum, wie bei mir Gitarrespielen zur ner Art Selbsttherapie wurde. Fakt ist: Ich liebe das Kind meines Mannes. Wir sind wie beste Freundinnen. Alle zwei Wochen verbringt die mittlerweile Achtjährige das Wochenende mit uns und neulich haben wir zusammen Gitarre gejammt. Das übe ich nämlich seit Anfang des Jahres. Ein guter Freund bringt es mir bei und ich beherrsche mittlerweile die Standardgriffe. Letzte Woche hat er mich sogar mit E-Gitarre angefixt, yehaaa!

Als Kind hatte ich schonmal  Gitarrenunterricht. Aber die Lehrerin war eine alte Hexe, megastreng und das Ganze machte mir keinen Spaß. Darum sagte ich zu meinen Eltern, dass ich jetzt lieber Klavier lernen wolle. Gesagt, getan. Allerdings schickten sie mich zur selben Lehrerin…Gleiches Spiel von vorne… Meine alte Kindergitarre vermachte ich dann irgendwann einer Cousine. Aus den Augen, aus dem Sinn. Aus der Traum von der Musikkarriere. Danach durfte ich erstmal nix mehr machen (Judo oder so), weil meine Eltern dachten, ich geb es wieder auf. Naja.

Ende 2015 kam die kleine Gitarre allerdings wieder zurück zu mir. Die Cousine war in die Pubertät gekommen, die Gitarre nicht mehr von Interesse. Da holte sie mich also wieder ein, die Vergangenheit. Und so übe ich heute wieder Gitarre. Mal mehr, mal weniger. Und immer auch mit ein bisschen Gefühlschaos verbunden, denn Gitarrespielen macht  mich bisweilen echt wütend. Da geht’s mir oft fast so wie dem Typen hier:

[wpvideo XvZ5oU75]

Ich werde wütend, wenns nicht so klappt, wie ich will. Wenn ich die Töne nicht treffe, wenn die Finger nicht mitmachen, ich den Rhythmus verkacke und vor allem, wenn ich mich nicht traue. Das ist eines meiner größten Scheißprobleme. Alleine Gitarrespielen klappt mega. Da hört ja auch keiner zu, da gehe ich ab. Sobald ich wem was vorspielen will, ist allerdings vorbei. Nichts klappt und vor allem hört man mich kaum, weil ich so leise an den Saiten zupfe, aus lauter Schiss schiefe Töne zu fabrizieren. Arg!

Alright. Hat sich meine  Stieftochter also letztens die kleine Gitarre geschnappt und angefangen zu klimpern. Mit Leichtigkeit ohne Scheu, einfach ausprobiert. Dann bat sie mich, mit ihr zu spielen. Zuerst hatte ich keinen Bock, weil ich mich Tage zuvor mal wieder mega über mein verkacktes Gitarrespielen geärgert und das Instrument erstmal links liegen gelassen hatte. Aber dem Mädchen kann ich keinen Wunsch abschlagen, also spielte ich. Irgendwie ein paar Griffe, hat auch alles gut geklappt nur irgendwann fragte das Kind:

“Esther, warum spielst du so leise?”

Kennst du diese Momente im Leben, in denen dir alles klar wird? Bäm! Das war so einer. Da sitze ich nun, Ü30 mit ner Achtjährigen, die ganz unbefangen und zum ersten Mal Gitarre spielt, ohne sich zu schämen. Und ich spiel mal wieder zu leise. Ich komm nicht aus mir raus. Hab das schlagartig auf mein komplettes Leben übertragen, haha! Warum spielst du so leise? Ja, why the fuck spiele ich so leise?  Warum muss immer alles perfekt sein, damit es gut ist? Warum stell ich mich ständig untern Scheffel und warum ist mir am Ende doch immer wichtig, was andere von mir denken? Es sitzt einfach zu tief. Aber ich zieh’s raus. Ich pack das!

Also spielte ich lauter und die Kleine stimmte mit ein und es hörte sich fantastisch an. Ohne Scheiß! Wahnsinnig gut. Wir waren im Flow mit genau der richtigen Lautstärke.

We are having a party tonight
So we can have a good time
Are we having fun?

Yeah, Baby!
Einfach machen, Maaaaann! Einfach machen! Loslassen, eine der schwierigsten Disziplinen of my life…
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CHASTITY BELT// SEATTLE PARTY from stacy peck🎉 on Vimeo.

 

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