„Nie werde ich so eine Mutter sein, die ständig am Handy hängt vor ihrem Baby! Und der Fernseher wird auch nicht laufen! Bücher, Bücher, Bücher und zwar von ganz klein auf!“
Ich höre mein kinderloses Ich noch große Tone spucken. Ach, Kindererziehung ist doch am einfachsten, wenn man keine Kinder hat. In Wahrheit sieht es – bei mir zumindest – ganz anders aus. Ja, ich bin süchtig und zwar nach meinem Handy und ich hänge dran, sogar jetzt in diesem Moment, wo ich diesen Blogeintrag schreibe. Um 04:04 in der Nacht, im Dunkeln während mein Baby neben mir schlummert und ich mal wieder nicht schlafen kann. Noch nicht mal das Nachtlicht habe ich eingeschaltet und tue meinen Augen keinen Gefallen damit.
Ich bin sogar eine von den Muttis, die sich eine Handyhülle mit extra dicken Bändern dran gekauft hat, damit sie das Ding immer griffbereit hat. Ist nämlich ganz schön schwierig ein Baby UND das Handy gleichzeitig von A nach B zu tragen, da sind so Bänder schon praktisch. Man hängt sich das Gerät einfach um dem Hals. Beim Stillen zum Beispiel. Auch sonst sorgt das Teufelsding names Handy für Entertainment. Wenn ich mit meinem Sohn zum Frühstück Bob Marley höre oder er mal wieder was ganz Süßes macht und ich ihn dabei filme oder fotografiere. Er ist ein halbes Jahr auf der Welt und weiß schon, dass dieses rosa Gerät ganz wichtig ist für die Mama, dass es was zu bedeuten hat, wenn sie es ihm entgegen hält, dass da Musik rauskommt oder das lachende Gesicht der Tante via FaceTime. Und wie erstaunt er dann ist, wenn die Tante im Reallife zu Besuch kommt und plötzlich nicht mehr in diesem Ding drin sitzt. Ooooh!
Auch während der Autofahrt kommt das Handy zum Einsatz. Der Kleine hasst es im Auto zu fahren, schreit nach einer Weile jedes Mal wie am Spieß und ich muss hinten bei ihm sitzen, wenn wir überhaupt mal mit dem Auto unterwegs sind. Ich habe alles versucht, aber die YouTube Videos von Hey Bear Sensory sind einfach das Einzige, was ihn während der Fahrt beruhigt und ablenkt. (neben dem unbeherzigtem Rat meiner Mutter ihn während der Fahrt einfach aus dem Maxicosi zu nehmen, schließlich haben sie das früher mit mir auch gemacht. Ich saß angeblich bei Mama auf dem Schoß, wilde Achtziger Jahre…)
Beim Fernsehen ist es zum Glück nicht ganz so schlimm. Meinen Babyalltag verbringe ich weitestgehend ohne Flimmerkiste (mit Ausnahmen von etwas Outlander wenn er schläft, Wahlergebnisse oder wir waren mal im Kinderwagenkino). Am Abend läuft bei uns allerdings auch mal der TV. Wir sind Serienjunkies, mein Mann und ich. Das ist meine Entspannung. Spannende Serien am liebsten binge-watchen und dann ins Bett. Und ja, auch das kriegt Babymann mit. Ich setze alles daran dass er nicht auf den Bildschirm guckt, meistens schläft er wenn wir unserer Sucht frönen. Manchmal eben aber auch nicht. Dann liegt er auf meinem Arm und stillt oder unter seinem Spielebogen und strampelt und wir müssen die Untertitel anschalten damit wir was verstehen, weil er so vergnügt quietscht. Er hat keine direkte Sicht auf den Bildschirm – aber ja – manchmal sitzt er bei Papa auf dem Schoß und sie schauen sich die Videos von Sabbatical an oder Unterwasserwelten, während ich was koche, einkaufen fahre oder mir die Haare wasche – und ich bin es leid da etwas gegen zu sagen.
Weil ganz ehrlich: auf Dauer können wir uns eh nicht verstellen. Den Medienkonsum radikal einzustellen, das wäre nicht ehrlich, das wären nicht wir. Ich habe mit so vielem aufgehört für dieses süße Kind. Rauschmittel und sogar Koffein. Am schwierigsten ist das aber mit den Medien – und ja – da stehe ich offen zu.
Mit Büchern versuche ich es trotzdem. Wir waren in der Bücherei, der Kleine hat einen eigenen Ausweis, ich lese jetzt beim Stillen wieder mehr Bücher und versuche seltener bei vinted nach gebrauchten Wolle/Seide Klamotten zu scrollen (oder Kaschmirpullis für Mama). Nur an Büchern selber hat das Baby grad noch nicht viel Interesse. Auch nicht im Auto. Ich bleibe dran und bin zuversichtlich, dass er genauso eine kleine Leseratte wird wie seine Mama und ich werde ihn so oft in die Bib schleppen und ihm vorlesen, dass es gar nicht anders geht.
Und ich bin sehr zuversichtlich, dass ich meinem Sohn mit meinem Medienkonsum nicht schade und wenn doch, dann habe ich mein Soll als Mutter doch auch erfüllt. Irgendwie muss man ja etwas falsch machen. Und da ich sonst die coolste Mama auf Erden bin, braucht der Kleine doch irgendwas, gegen das er später rebellieren kann. Wenn’s Handys und Fernseher sind, ist das doch gar nicht mal so übel.